FMEA

Die FMEA ist in modernen Industrieunternehmen aufgrund der zunehmenden Komplexität und Vernetzung von Produkten, Prozessen und Systemen immer wichtiger geworden. Neue Technologien erfordern eine noch sorgfältigere Risikoanalyse und -bewertung. Durch das Verständnis potenzieller Risiken, die die FMEA aufdeckt, und die Ergreifung von Korrekturmaßnahmen können Unternehmen innovative Produkte und Prozesse entwickeln, die den Kundenanforderungen und -erwartungen entsprechen.

FMEA - Ein unverzichtbares Werkzeug zur systematischen Fehlervermeidung

Eine Fehlermöglichkeits- und Einflussanalyse (FMEA) ist ein Werkzeug aus dem Qualitätsmanagement. Sie wird entwicklungsbegleitend durchgeführt und zielt darauf ab, mögliche Fehler systematisch zu identifizieren, zu bewerten und letztendlich zu vermeiden. Bei einer FMEA gibt es unterschiedliche Schwerpunkte und Varianten. In der Regel wird zwischen Design-FMEA, Prozess-FMEA und gegebenenfalls System-FMEA unterschieden.

Während in der D-FMEA Produktrisiken aus konzeptioneller Sicht (Design) möglichst frühzeitig betrachtet werden, hat die P-FMEA die Prozessseite in der Fertigung als Schwerpunkt. Daher kann die P-FMEA sinnvollerweise auf der D-FMEA aufbauen. So bietet die D-FMEA einerseits die Basis frühzeitiger und fortlaufender Reduzierung von Produktrisiken seitens Entwicklung und andererseits für die Auswahl geeigneter Qualitätssicherungsmaßnahmen wie beispielsweise End-of-Line-Tests in der Fertigung im Rahmen der P-FMEA. Eine S-FMEA fokussiert hingegen auf das System hinsichtlich Zusammenwirkens seiner Systemelemente, der Schnittstellen untereinander sowie das System im Kontext seines Umfeldes.

Systematische Vorgehensweise

Um eine FMEA systematisch aufzusetzen, wird zunächst eine geeignete Strukturierungsmethode gewählt und die Struktur des zu betrachtenden Systems ermittelt sowie die Betrachtungsgrenzen festgelegt. Darauf folgt eine Analyse der dazugehörigen Funktionen und gegebenenfalls Zuordnung definierter Merkmale. In der Fehleranalyse werden den Elementen mögliche Fehler zugeordnet und hinsichtlich ihrer Fehlerart, Fehlerfolge und Fehlerursache hinterfragt.

Über eine Bewertung der möglichen Fehler hinsichtlich der Bedeutung (B) der Fehlerfolge, Auftretens- und Entdeckungswahrscheinlichkeit (A & E) wird via Multiplikation die Risikoprioritätszahl (RPZ) ermittelt. Alternativ kann mithilfe von Risikomatrizen auch eine Aufgabenpriorität (AP) ermittelt werden. So werden die kritischen Punkte schnell sichtbar und der Handlungsbedarf kann priorisiert werden.

Jede Kennzahl hat eine eigene Skala von jeweils 1…10 Punkten, wobei ein hoher Wert für eine besonders schwere Auswirkung, eine hohe Auftretenswahrscheinlichkeit oder eine niedrige Entdeckungswahrscheinlichkeit steht. Um die Einsortierung zu objektivieren, werden Bewertungskataloge herangezogen oder Referenzaussagen zu den jeweiligen Punktzahlen vorab definiert.

Auf Basis dieser Bewertungen können die Risiken nach Priorität behandelt werden. Durch Definition von Maßnahmen, deren Umsetzung und Anpassung von Konzepten oder gesammelte Erfahrungen können die Risiken stückweise reduziert werden, was sich in aktualisierten Maßnahmenständen und einer entsprechend angepassten Bewertung widerspiegelt. Es handelt sich also um ein „lebendes Dokument“.

Die Zusammensetzung eines FMEA Teams

Ein erfolgreiches FMEA-Team sollte aus verschiedenen Rollen und Funktionen bestehen, um eine ganzheitliche Perspektive und das erforderliche Fachwissen zu gewährleisten. Die typische Zusammensetzung umfasst folgende Mitglieder:

Kernteam

  • Projektleiter: Initiiert die FMEA, plant und koordiniert die Aktivitäten, stellt Ressourcen bereit.
  • Verantwortlicher für die Durchführung (z.B. Entwickler, Konstrukteur): Beschafft Unterlagen, organisiert Abläufe, definiert Themenabgrenzung und Schnittstellen, trägt Verantwortung für das Ergebnis.
  • Moderator/Methodenspezialist: Leitet die Sitzungen, sichert die korrekte Anwendung der FMEA-Methodik, schult das Team.
  • 4-6 Kernteammitglieder: Bringen Produkt-, Prozess- und FMEA-Erfahrungen ein, sammeln Informationen, arbeiten an Wirtschaftlichkeitsberechnungen.

Erweitertes Team

  • Fachexperten aus relevanten Bereichen wie Technik, Fertigung, Service, Einkauf, Kunden etc. mit spezifischem Fachwissen.

Das Kernteam führt die Systemanalyse durch, während das erweiterte Team bei Bedarf hinzugezogen wird, um zusätzliche Expertise einzubringen. Die multidisziplinäre Zusammensetzung stellt sicher, dass alle notwendigen Kompetenzen und Perspektiven im Risiko-Analyseprozess vertreten sind.

Warum ist ein externer Moderator bei der Durchführung einer FMEA so wichtig?

Ein externer Moderator bringt eine unvoreingenommene und neutrale Perspektive in den Prozess ein. Er gehört dem eigentlichen Projektteam im eigenen Unternehmen nicht an, kann aber auch von außerhalb des Unternehmens gestellt werden. Das ermöglich ihm, eine offene Analyse durchzuführen, fördert offene Diskussionen und verhindert, dass persönliche Vorlieben oder Interessenkonflikte die Ergebnisse beeinflussen.

Interne Mitarbeiter sind oft mit ihren regulären Aufgaben ausgelastet. Ein externer Moderator kann sich voll und ganz auf die FMEA konzentrieren und den Prozess zügig vorantreiben. Dies spart Zeit und Ressourcen, da keine internen Kapazitäten gebunden werden.

Der externe Moderator agiert als neutrale Instanz und kann Diskussionen lenken, Konflikte entschärfen und eine konstruktive Zusammenarbeit im multidisziplinären Team fördern. Er stellt die richtigen Fragen, bringt neue Perspektiven ein und integriert das Wissen aller Beteiligten.

Insgesamt trägt der Einsatz eines externen FMEA-Moderators dazu bei, die Qualität und Effektivität der Risikoanalyse zu steigern und letztendlich robustere Produkte und Prozesse zu entwickeln.

Bausteine

Bedeutung

Die Bedeutung (B) in einer FMEA bewertet die Schwere der Auswirkungen, die ein potenzieller Fehler hinsichtlich Funktionserfüllung, Sicherheit, Konformität und Auswirkungen auf den Kunden haben kann. Sie hilft dabei, die Prioritäten für Fehlerbehandlungen festzulegen und Ressourcen auf die kritischsten Fehler zu fokussieren. Sie wird typischerweise auf einer Skala von 1 (sehr geringe Auswirkungen) bis 10 (katastrophale Auswirkungen) bewertet. Je höher die Bedeutung bewertet wird, desto kritischer sind die Folgen des Fehlers.

Auftretenswahrscheinlichkeit

Die Auftretenswahrscheinlichkeit (A) in einer FMEA bewertet, wie häufig eine potenzielle Fehlerursache auftreten kann. Sie wird typischerweise auf einer Skala von 1 (sehr geringe Auftretenswahrscheinlichkeit) bis 10 (sehr hohe Auftretenswahrscheinlichkeit) bewertet. So deutet eine niedrige Bewertung auf geringe Fehlerrisiken durch bekannte und robuste Konzepte oder gut beherrschte Prozesse hin. Zur objektiveren Zuordnung des jeweiligen Risikos zu einer Kennzahl sind Referenzaussagen in einem Bewertungskatalog formuliert oder Ausfallszahlen den Punkten zugeordnet.

Entdeckungswahrscheinlichkeit

Die Entdeckungswahrscheinlichkeit (E) gibt die Wahrscheinlichkeit an, mit der ein Fehler vor Erreichen des Kunden entdeckt wird. Sie ist abhängig von den jeweils definierten Entdeckungsmaßnahmen und deren Effektivität. Es geht also nicht darum, ob der Kunde selbst beispielsweise ein defektes Bauteil oder eine Fehlfunktion bemerken würde, sondern wie effektiv die Entdeckungsmaßnahmen der Entwicklung (Validierung, Test etc.) beziehungsweise der Fertigung (fertigungsseitige Qualitätssicherungsmechanismen) sind.

Risikoprioritätszahl

Die Risikoprioritätszahl (RPZ) ergibt sich durch Multiplikation der drei Werte B, A und E. Sie liegt daher zwischen 1 und 1000. Da sich die RPZ allein nur bedingt zum Vergleich einzelner Risiken untereinander eignet, werden auch gerne Risiko-Matrizen mit einem Ampelsystem für die sich ergebenden Felder aus den jeweiligen Kombinationen (B-A; B-E; E-A) als Referenz herangezogen (grüner, gelber und roter Bereich – je nach Wert der Kennzahlen). Darauf aufbauend kann zudem nach AIAG und VDA die sogenannte Aufgabenpriorität (AP) ermittelt werden.

Aufgabenpriorität

Die Aufgabenpriorität (AP) dient der Priorisierung der Risiken untereinander und Zuordnung einer Empfehlung, ob Maßnahmen unbedingt ergriffen werden müssen, sollten oder können. Die einzelnen Koordinaten der drei möglichen Risikomatrizen (B-A; B-E; E-A) sind gemäß einer Ampellogik rot, gelb oder grün eingefärbt. So ergibt sich für jedes Risiko eine Farbe je Matrix. Alle möglichen Farbkombinationen sind in der Risiko-Matrix-Tabelle aufgeführt und einem Risiko-Matrix-Rang zwischen 1…27 sowie einer Aufgabenpriorität (niedrig, moderat oder hoch) zugeordnet.

Fazit

Im Resultat ist eine FMEA ein lebendiges Instrument, welches entwicklungsbegleitend angewandt wird. Die technischen Risiken werden transparenter und dadurch handhabbarer macht. Die Produktsicherheit wird bei konsequenter Implementierung darauf aufbauender Entdeckungs- und Vermeidungsmaßnahmen systematisch gesteigert.

Ihr Nutzen

  • Frühzeitige Fehlererkennung und -vermeidung
  • Verbesserung der Produkt- und Prozessqualität
  • Erhöhung der Sicherheit, insbesondere in sicherheitskritischen Branchen
  • Kosteneinsparungen durch Vermeidung von Nacharbeiten, Ausfallzeiten etc.
  • Nachweis der Einhaltung regulatorischer Compliance-Standards
  • Wettbewerbsvorteile durch hochwertige Produkte und Kundenzufriedenheit
  • Ermöglichung von Innovationen durch Verständnis potenzieller Risiken
  • Systematische Risikoanalyse und -bewertung für komplexe Systeme
  • Vermeidung von Reputationsschäden durch Fehlervermeidung
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