Was für ein SCRUMmassel
SMART DEVELOPMENT NEWS 2021
Ein Team hatte explizit von der gesamten Unternehmensleitung die Erlaubnis bekommen, sich selbst zu organisieren. Ob Scrum oder eine andere Methode war der Führung egal. Einzige Prämisse: Das klar definierte Ziel muss innerhalb der vorgegebenen Zeit erreicht werden.
Das Team hat alle Freiheiten
Es kann keiner sagen, die Manager hätten sich zu sehr eingemischt. Ganz im Gegenteil – das Team hatte alle Freiheiten. Aber schon bei den wenigen Diskussionen im Rahmen der sogenannten Reviews, an denen Leistungskreismitglieder teilnehmen konnten, zeichnete sich recht schnell ab: Die gesteckten Ziele werden nicht erreicht.
Das hat sich dann zum Projektabschluss leider bestätigt. Die vom Team gewählte Methode Scrum hat nur dazu geführt, dass sich das Team mit sich selbst beschäftigt hat. Klare Führung hat eindeutig gefehlt und die Prozesse wurden auch nicht immer eingehalten. Ein klarer Beweis also, dass Agilität nichts bringt.
Die Erfahrungen mit dem agilen Piloten waren also wirklich nicht die Besten. Die wichtigste Messlatte für den Erfolg, die Erreichung der Ziele, wurde eindeutig nicht erreicht. Alle Erklärungsversuche des Teams, warum es dazu gekommen ist, klangen wie bei den Projekten vorher auch. Alles in allem: mehr Entschuldigungen als nachvollziehbare Erklärungen. Aus Managementsicht mag man dem Team durchaus Glauben schenken, dass es engagiert gearbeitet hat.
Diese Wahrnehmung vermindert aber nicht, dass mit Scrum eine Menge Meetings dazu kamen, in denen das Team nicht produktiv gearbeitet hat. Im Nachhinein müssen wir also feststellen, dass diesem Team Agilität rein gar nichts gebracht hat.
Jetzt aber zur realen Erfahrung
Die oben zitierte Erfahrung ist nicht rein fiktiv, sondern ein wenig abstrahiert. Tatsächlich entstand diese Sicht bei einem Mitglied des oberen Führungskreises im Rahmen eines agilen Piloten. Das Unternehmen war - bedingt durch mehrere gleichzeitig auftretende Faktoren - wirtschaftlich unter Druck geraten. Somit bestand eine hohe Notwendigkeit, dieses Projekt erfolgreich abzuschließen. Wie bei vielen Projekten gab es neben begünstigenden Rahmenbedingungen, aber auch solche, die als Herausforderung betrachtet werden konnten. Das letztlich die Erfahrungen mit dem agilen Piloten nicht durchgängig positiv waren, lag aus Sicht des neutralen Beobachters an zwei Faktoren.
Faktor 1:
Das Dilemma mit den Zielvorgaben
Ziele sind wichtig. Jedes Team braucht Ziele zur Orientierung. Gefährlich sind aber nicht selbst gesteckte Ziele, sondern die „von oben“ vorgegeben werden. Warum ist das so? Manager glauben oft, mit „ambitionierten Zielen“ Teams motivieren zu müssen. Die Idee dahinter: Verlange das Unmögliche, dann bekommst du das Bestmögliche. Diese Führungsphilosophie mag früher einmal ihren Zweck erfüllt haben. In unserer modernen Welt aber, wo der Sinn und Zweck des Handelns im Mittelpunkt steht, führt solch eine Herangehensweise eher zu zwei Problemfeldern.
Zum einen wissen wir um die Kraft der Ziele, mit denen Menschen sich identifizieren. Hat ein Team für sich akzeptiert, dass die Erreichung eines bestimmten Zieles unbedingt notwendig ist, dann wird es alles daransetzen,
dieses auch zu erreichen. Andererseits führen vorgegebene Ziele, insbesondere solche, die als zu ambitioniert, d.h. unrealistisch betrachtet werden, immer zu Defensivstrategien bei den Arbeitsteams. Dazu gehören Elemente wie „Ziele verhandeln“, „klare Aussagen vermeiden“ und „keine Abweichung zugeben – irgendein anderer wird zuerst sagen müssen, dass er das Ziel nicht erreicht“. Dabei geht viel Energie verloren bzw. wird diese für unproduktive Diskussionen verschwendet. Eine hohe Motivation – bildlich gesprochen „das Brennen für die Sache“ – wird so jedenfalls nicht erreicht.
Zum anderen verhindert eine klare Zielvorgabe eine konstruktive Diskussion darüber, was realistisch erreichbar ist. Agile Projekte sollen und werden bei komplexen Vorhaben eingesetzt. D.h. es gibt viele offene Fragen dazu, was genau gemacht werden muss und wie es erreicht wird. Umso erstaunlicher ist es, dass Manager – obwohl sie die Komplexität eingestehen – trotzdem bereits zu Projektstart genau wissen, wie das Ergebnis aussehen soll. Das ist ein Widerspruch in sich und meist darauf zurückzuführen, dass nicht genau genug differenziert wird, was wünschenswert ist und was ein realistisches Ziel sein kann.
Da beide Dimensionen wichtig und notwendig sind, kann die Lösung nur in einem kontinuierlichen und konstruktiven Dialog liegen. Idealerweise in der Art, dass das Management dem Team zu Beginn eines Projekts alle Informationen zukommen lässt, die es braucht, um zu verstehen, was wünschenswert ist.
Darauf aufbauend sollte das Team sich selbst ambitionierte Ziele stecken. Dabei kann und wird es vorkommen, dass die Ziele in der Anfangsphase noch nicht realistisch sind. Besonders wenn Teams beginnen, sich selbst solche Ziele zu setzen, werden sie Fehler machen. Wichtig ist dann, wie man im Unternehmen mit solchen Fehlern umgeht.
Sollten Teams anfangs zu ambitioniert sein und dann harsche Kritik dafür einheimsen, dass sie „nach unten korrigieren“, dann werden sie nie wieder optimistisch sein und dem Management immer genau erklären, warum dies oder jenes nicht möglich ist. Und genau das sollte aus oben genannten Gründen vermieden werden. Es gilt also, eine positive Fehlerkultur aufzubauen – auch beim Setzen der Ziele.
Manager mögen entgegenhalten, wie wichtig Planbarkeit und Zuverlässigkeit für das Unternehmen ist. Daran ist natürlich nichts auszusetzen. Aber es geht um die Frage, auf welchem Niveau man das erreichen will. Auf durchschnittlichem – dann sind Ziele-Verhandlungs-Strategien eine Lösung. Will man allerdings mehr, dann muss das Management den Teams den Raum (und die Zeit) geben, zu lernen, wie man sich selbst unternehmerisch wertvolle und natürlich ambitionierte Ziele selbst setzt.
Faktor 2:
Das Dilemma mit den nicht idealen Rahmenbedingungen für einen agilen Piloten
Wie oben erwähnt, gab es einige nahezu ideale Faktoren für das Pilotprojekt, aber auch solche, die als echte Herausforderungen betrachtet werden müssen. Im Grunde trifft dies für alle agilen Piloten zu, denn in der Praxis gibt es immer mehr oder weniger Abweichungen zu den idealen Rahmenbedingungen.
Teamgröße, Teamraum, Fulltime Scrum Master, Fokus auf ein Projekt oder die regelmäßige Teilnahme des Managements am Review seien hier stellvertretend für typische Herausforderungen genannt, mit denen sich ein Scrum Team auseinandersetzen muss.
Die Erfahrung zeigt, dass Teams im Rahmen ihrer Selbstorganisation meist zu diesen Themen auch pragmatische Lösungen finden, die aber oft eher ein „Workaround“ sind als eine Beseitigung des Grundproblems. Hier braucht das Team die Unterstützung des Managements – aber in einer Form, die die Führungskräfte meist erst noch lernen müssen.
Agilität braucht Führungskräfte
Catalyst Leadership ist der Schlüssel dafür, die oben genannten Herausforderungen in einer neuen Art und Weise anzugehen und zu neuen innovativen Lösungen zu führen: gemeinsam mit den Teams, aber nachhaltig und zum Vorteil des Unternehmens. Führungskräfte sollten sich bewusst sein, dass der Start eines agilen Piloten genau diese Anforderung an sie stellt. Die Haltung, dass man dem Team den Freiraum eingeräumt hat, sich agil zu organisieren, reicht nicht aus. Agilität braucht Führungskräfte – aber solche, die bereit sind, zu lernen und sich zu verändern.
Das SCRUMmassel mit dem agilen Piloten
Es besteht also realistisch das Risiko, dass dem agilen Pilot keine Punktlandung im Ziel gelingt. Der Umstieg von der klassischen Projektorganisation zur agilen betrifft nicht nur das agile Team. Die Führungskräfte sind ebenso involviert und müssen ihre bisherigen Führungsstile ergänzen bzw. komplettieren. Dieser Prozess sollte gleichzeitig mit dem agilen Piloten gestartet werden und führt dann meist automatisch dazu, dass eine andere Kultur zum Thema Zielvorgabe und -erreichung entsteht.
Vielleicht, ja sogar vermutlich, erreicht man auch dadurch nicht sofort das, was wünschenswert ist. Aber gemeinsam wird das Auge dafür geschärft, was realistisch ist. Und wer realistischer abschätzen kann, was „sein Unternehmen“ leisten kann, wird vielleicht auch seine Wünsche eher danach anpassen.
Sie sind nicht auf sich allein gestellt bei Ihrer Reise
Die Berater von CO Improve haben bereits zahlreiche Unternehmen auf solch einer Reise begleitet, vom ersten Piloten bis hin zu Transformationen von vollständigen Unternehmensbereichen oder ganzer Unternehmen.
Unsere Erfahrung liegt darin allen Beteiligten die Möglichkeit zu bieten zu lernen das agile Arbeitsweisen nicht ein rein methodisches Instrumentarium ist. Denn es zieht meist auch eine Veränderung des Führungsstils und der Unternehmenskultur nach sich.
Möchten sie das ihr Pilot erfolgreich ist? Dann haben wir einen entscheidenden Tipp: Lernen sie gemeinsam, was agile Führung bedeutet und wie Zielvorgaben in der agilen Welt aussehen können. Denn: Planbarkeit und Zuverlässigkeit entstehen nur wenn man gemeinsam ein realistisches Bild über das Ziel entwickelt.