Wie ein High-Tech Unternehmen per Quick Check die Entwicklung seiner agilen Prozesse optimiert

Das High-Tech Segment Lasertechnik zeichnet sich vor allem durch seine rasante Entwicklungsgeschwindigkeit aus. Getrieben von sich ständig erweiternden technischen Möglichkeiten und steigenden Kundenanforderungen, gilt es für Unternehmen, die eine Spitzenposition einnehmen möchten, nicht nur auf Marktentwicklungen zu reagieren, sondern Treiber der Innovation zu sein. So verlangt zum Beispiel der seit Jahren bestehende Trend zur Miniaturisierung von Produkten, Baugruppen und Bauteilen einen kontinuierlichen Zuwachs an Präzision. Um diesen Herausforderungen gerecht zu werden, muss Innovation als stetiger Prozess implementiert werden. Es gilt, nicht nur die Technologie, sondern auch die eigenen Arbeitsweisen systematisch weiterzuentwickeln. Um die vorhandenen Optimierungspotenziale zu identifizieren, ließ ein weltweit führender deutscher Hersteller einen Quickcheck durch externe Experten durchführen. So konnten innerhalb kürzester Zeit wertvolle Erkenntnisse zur weiteren Entwicklung gewonnen werden.

Agilität systematisch weiterentwickeln und Produktentstehung optimieren

Für ein High-Tech Unternehmen der Lasertechnik ist die eigene Innovationsfähigkeit ein entscheidender Erfolgsfaktor. Schließlich geht es auf diesem Qualitätsniveau nicht darum, auf Entwicklungen zu reagieren, sondern immer wieder selbst neue Maßstäbe zu setzen. Schon früh setzte die deutsche Precitec GmbH & Co. KG deshalb auf neue Arbeitsmethoden, um die eigenen Entwicklungsprozesse effektiv zu gestalten. So wurden der Produktentstehungsprozess (PEP) und das Portfoliomanagement optimiert. Dazu wurden agile Arbeitsweisen in der Entwicklung implementiert. Zur Unterstützung holte Precitec die auf Automotive, Mechatronik und Elektronik spezialisierten Managementberater der Eschborner CO Improve ins Boot, die mittels Quickcheck einen Status Quo aufzeigen sollten. Dr. Stephan Biermann, Chief Technology Officer (CTO) der Precitec AG: „Inzwischen haben wir schon einige Erfahrung gesammelt und sind uns bewusst, dass die Implementierung agiler Arbeitsweisen ein Prozess ist, der immer wieder überprüft und nachjustiert werden sollte. Insofern war uns das Angebot von CO Improve, eine solche Überprüfung in einem sehr kurzen Zeitrahmen und zu sehr überschaubaren Kosten durchzuführen, sehr willkommen.“

Fokussierte Analyse

Natürlich sind zwei Tage zur Standortbestimmung ein durchaus ehrgeiziges Timing. Die beiden mit der Durchführung betrauten CO Improve Berater setzten deshalb auf eine strukturierte Erfassung der im Unternehmen gelebten Praxis. Um einschätzen zu können, inwieweit die im Fokus der Analyse stehenden Themen “agile Arbeitsmethoden” und “Implementierung des PEP” verinnerlicht sind und umgesetzt werden, nahmen sie zunächst an verschiedenen agilen Events teil. Für die Mitarbeitenden und das Unternehmen bedeutete das keinen Zusatzaufwand. Bei einem 15 Minuten Daily Scrum, einem Sprint Review, einer Sprint Retrospective und einem Sprint Planning beobachteten die Berater, wie die Team-Mitglieder und Stakeholder untereinander agieren. „In der Zusammenarbeit kann man häufig schnell erkennen, wie konsequent agile Arbeitsweisen tatsächlich umgesetzt werden“, erklärt Gunther Reibe, Leitender Berater bei CO Improve. „Und manchmal sind es vermeintliche Kleinigkeiten, die den Team-Erfolg nachhaltig behindern.“ In diesem Fall fanden die Berater zum Beispiel schnell heraus, dass die Scrum-Rollenverteilung nicht eindeutig war. So agierte in einem Team ein Mitglied gleichzeitig auch als Scrum Master. Was auf den ersten Blick möglicherweise sogar vernünftig erscheint, kann tatsächlich zu Unklarheiten und Konflikten führen und wirkt sich letztendlich negativ auf die Ergebnisse aus. „Aufgabe des Scrum Masters ist es, organisatorisch eine starke Stütze zu sein und Rahmenbedingungen zu schaffen, die es der Entwickler-Mannschaft ermöglichen, sich voll auf ihre Aufgaben zu konzentrieren. In dieser Rolle sollte er jederzeit ansprechbar sein. Das folgende Beispiel, in dem eine Person sowohl Scrum Master als auch Product Owner ist, verdeutlicht den Interessenskonflikt:

In diesem Beispiel ist der Nutzer des zu entwickelndes Produktes gleichzeitig der „Chef“ des Scrum Master und des Product Owners. Dieser möchte unbedingt noch ein seiner Meinung nach wichtiges Feature in der nächsten Version sehen. Es ist allerdings der letzte Sprint vor der Auslieferung der Version, und das Sprint Planning hat schon stattgefunden. Wenn eine Person nun beide Rollen inne hat weiß diese, dass sie das Feature regulär nicht in den Sprint einbringen kann und es auch nur mit erheblichem Mehraufwand in der nächsten Version enthalten sein kann. Wie entscheidet sich die Person nun im Interessenskonflikt? Ist das Ansehen in der Firma und gegenüber dem Chef groß genug, um im Sinne des Prozesses zu entscheiden? Wie moderiert die Person zwischen dem Team und seinen eigenen Rollen? Würde sie gegen den eigenen Chef entscheiden, auch auf die Gefahr hin, damit den eigenen Job oder die Karriere zu gefährden?

„SCRUM als eine Form agilen Arbeitens bietet vor allem durch seine klaren Strukturen eine hervorragende Grundlage, insbesondere sehr komplexe Aufgaben schnell und messbar effizient zu lösen und zum Erfolg zu führen“, ergänzt Reibe. „Wenn ein Team-Mitglied beispielsweise für ein anderes Team die Rolle des Scrum Masters übernehmen würde, wäre der beschriebene Konflikt zu umgehen, natürlich nur solange die Kapazitäten es zulassen. Innerhalb des Teams sollte aber zu jeder Zeit klar sein, wer welche Rolle und welche Kompetenzen innehat. Dann funktioniert die auch in der Stacey Matrix dargestellte Relation ‚Je komplexer die Aufgabe, desto agiler sollte die eingesetzte Methode sein‘.“

Im Rahmen des Quickchecks wurde deshalb auch die Einhaltung der vorgegebenen Rollen und Arbeitsweisen genau überprüft. Ziel war es, möglichst schnell zu fundierten Fähigkeitseinschätzungen und umsetzbaren Optimierungsempfehlungen zu kommen. Dazu gehörte natürlich auch, die Dinge herauszufinden, die schon hervorragend umgesetzt werden. Ein gutes Beispiel dafür war bei Precitec die Präsentation eines neuen Gehäuse-Entwurfes als digitales Mock-up des Minimum Viable Product (MVP). Hier zeigte sich deutlich, welche Vorteile es hat, Entwicklungsschritte am konkreten Muster diskutieren zu können. Damit wird auch wirkungsvoll eine unerwünschte Beschäftigung mit Arbeitsabläufen vermieden, die nicht in einen Sprint-Review gehört, sondern vielmehr in der Sprint Retrospective stattfinden sollte. Sie ist das richtige Format, um zum Beispiel Probleme in der Zusammenarbeit zu thematisieren.

Unterschiedliche Blickwinkel

Ein weiteres wichtiges Instrument eines Quickchecks sind gut strukturierte Interviews. Durch einen neutralen externen Blick und die Möglichkeit für die Mitarbeitenden, sich frei und anonym zu äußern, können eventuelle Schwachpunkte sehr schnell und gezielt identifiziert und wertvolle Erkenntnisse gewonnen werden. Bei Precitec führten die Berater halbstündige Interviews mit insgesamt zehn Mitarbeitern, die unterschiedliche Rollen in den Teams einnahmen. So konnten sie ihre eigenen Beobachtungen mit unterschiedlichen Sichtweisen aus den Teams vergleichen und zu einer fundierten Einschätzung gelangen.

Zielführende Empfehlungen

Im Ergebnis zeigte sich, dass viele der neu eingeführten Methoden und Prozesse bei Precitec bereits sehr gut umgesetzt wurden. So funktioniert etwa der 2013 optimierte Produktentstehungsprozess PEP weitgehend reibungslos und sehr effizient. Auch die agilen Arbeitsweisen für die Entwicklung neuer “Hardware-Produkte” waren insgesamt schon sehr gut verinnerlicht. Kleine Korrekturen wie beispielsweise klare Rollentrennung, disziplinierte Teilnahme an Events, aktive Teilnahme und konstruktives Feedback der Stakeholder in den Reviews konnten in diesem Bereich die Effizienz aber noch einmal deutlich erhöhen Entwicklungspotenziale konnten die Berater darüber hinaus für den Bereich Portfoliomanagement identifizieren. Hier rückte vor allem die klare Priorisierung in den Fokus. Denn zu viele Vorschläge, Ideen oder Funktionalitäten in einem Produkt können die Komplexität von Entwicklungsaufgaben häufig auch unbeabsichtigt deutlich erhöhen. Durch strukturierte Beschreibung des Start- und Zielportfolios und die klare Priorisierung auf die von diesen Kunden gewünschten Produkteigenschaften führen nicht nur zu einer erhöhten Kundenzufriedenheit, sondern senkt Kosten und ermöglicht interne Prozessoptimierungen.

Überzeugende Ergebnisse

Die Qualität jeder Evaluation misst sich letztendlich an der Umsetzbarkeit der Empfehlungen. „Ehrlich gesagt, waren wir sehr positiv überrascht, wie viele Optimierungsansätze die CO Improve Berater in der Kürze der Zeit generieren konnten. Und auch unsere Entwicklungsteams haben von der strukturierten Reflexion und den konkreten Handlungsempfehlungen nachhaltig profitiert“, bestätigt Dr. Biermann. „Ich könnte mir vorstellen, dass ein solcher Quickcheck auch für andere Unternehmen, eine nachhaltige Erfahrung und ein hilfreiches sowie erfolgversprechendes Instrument zur Weiterentwicklung sein kann.“

Hier geht es zum original Artikel in der Konstruktionspraxis "Wie Quickchecks schnell Optimierungspotential agiles Prozesse aufdecken".